Im Jahr 2018 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über mehr als 200.000 Asylanträge entschieden. Im Jahresverlauf sieht es so aus:
Und welche Staatsangehörigkeit hatten die Leute, über deren Anträge entschieden würde?
Die Zahlen für die Asylanträge sind etwas anders, da liegt Syrien klar vorne:
Die 1782 Anträge aus der Republik Moldau sind eine Überraschung. Dieses Land hat gerade mal 3.5 Milionen Einwohner/innen …
Diese Karte mit den Herkunftsländern der Antragssteller/innen (mind. 100) zeigt, dass die Flüchtlinge aus den bekannten globalen Krisengebieten nach Deutschland kommen. Mit der Einschränkung, dass aus Myanmar, Jemen und Venezuela fast niemand kommt.
Zurück zu den Entscheidungen im Jahr 2018, und um die Entwicklung besser zu sehen, nehmen wir ab jetzt das Jahr 2017 hinzu. Wir zeigen für die zahlenmäßig stärksten Länder die Entscheidungen in absoluten und relativen Zahlen. Bei grün dürfen die Betroffenen bleiben, rot bedeutet abgelehnt – hiergegen kann allerdings noch geklagt werden, siehe beispielsweise Gerichtsentscheidungen im Asylbereich . Grau zeigt die „sonstigen Erledigungen“, auch als „Formelle Entscheidungen“ bekannt. Diese Anträge wurden ohne Entscheidung geschlossen. Dazu kommt es beispielsweise, wenn die Antragsstellerin den Antrag zurückzieht, oder bei „Dublin-Fällen“, wenn der Antrag in einem anderen europäischen Land behandelt wird.
Syrien | Afghanistan | Irak | Nigeria | Iran | Türkei | Somalia | Russische Föderation | Eritrea | Ungeklärt | Georgien | Pakistan | Gambia | Guinea Armenien | Aserbaidschan | Staatenlos
Syrien: 43875 Entscheidungen
Syrien ist das mit Abstand am stärksten vertretene Herkunftsland. Das gilt nicht nur für Deutschand, sondern auch weltweit. Im Jahr 2011 brach der Bürgerkrieg aus, damals lebten dort etwa 21 Millionen Menschen in Syrien. Seitdem haben etwa 6 Millionen das Land verlassen, etwa die Hälfte lebt zur Zeit in der Türkei. 6 bis 7 Millionen Syrer/innen wurden zu Binnenflüchtlingen.
Die Entwicklung der Anerkennungen über die letzten 2 Jahre sieht so aus:
Afghanistan: 18627 Entscheidungen
Afghanistan ist ein Thema, das viele besonders beschäftigt. Dieses Land steht auf Platz 9 der Liste der Fragilen Staaten (früher: Gescheiterte Staaten). Bevor der Krieg in Syrien ausbrach, belegte es lange den Platz eins der Flüchtlingsherkunftsländer weltweit – von etwa 1980 bis 2010. Und viele Asylsuchende mit afghanischer Staatsangehörigkeit kommen gar nicht mehr aus Afghanistan. Ihre Eltern waren schon in den Iran geflohen. Der Iran wendet sich zur Zeit gegen diese Familien, und die Afghanen, die wir heute in Deutschland treffen, sind teilweise nie in Afghanistan gewesen.
Prozentual geht es hier immerhin bergauf. Die Anomalie im Sommer 2017 war ein schwerer Anschlag mit über 150 Toten, bei dem auch die deutsche Botschaft beschädigt wurde. Das BAMF wartete zunächst auf einen neuen Lagebericht. Wie man sieht, setzte es danach seine Entscheidungspraxis fort.
Afghanistan gehört zu den Ländern, bei denen die Anerkennungsquote nahe 50% liegt, meistens knapp darunter. Sobald die Quote über 50% steigt, gilt die Bleibeperspektive der Antragsteller/innen als gut, und sie bekommen besseren Zugang zu Kursen. Pro Asyl kritisiert diese Praxis, nachzulesen in https://www.proasyl.de/news/die-einstufung-nach-bleibeperspektive-ist-bewusste-integrationsverhinderung/
Irak: 20033 Entscheidungen
Der Irakkrieg endete zwar 2011, aber der Staat steht auf Platz 11 der Liste der Fragilen Staaten (früher: Gescheiterte Staaten). Es gibt eine Diskussion, ob eine Rückkehr möglich ist. Jedenfalls muss nach Gebiet unterschieden werden.
Nigeria, 13035 Entscheidungen
Iran: 11430 Entscheidungen
Türkei: 9117 Entscheidungen
Die Türkei ist ein Land, dessen Entwicklung wir seit dem Putschversuch im Juli 2016 mit besonderer Sorge verfolgen. Deshalb geben wir hier zusätzlich ein Überblick auf die Entwicklung der Anträge seit 2015:
Somalia: 8168 Entscheidungen
Russische Föderation: 8126 Entscheidungen
Eritrea: 7603 Entscheidungen
Ungeklärt: 5329
Das sind wie die Staatenlosen meist kurdische oder palästinensische Volkszugehörige, die aus Syrien stammen.
Georgien: 5164 Entscheidungen
Georgien … das scheint wenig mit Asyl zu tun zu haben.
Pakistan: 4822 Entscheidungen
Die niedrige Anerkennungsquote beunruhigt in diesem Fall mich persönlich, weil ich sehe, wie viele von ihnen sich unglaublich ins Zeug legen. Das wird laut Deutscher Welle durch Zahlen der Arbeitsagentur bestätigt (vgl. https://www.dw.com/en/why-are-pakistanis-so-successful-at-finding-jobs-in-germany/a-44083455 ). Und es gibt auch durchaus Asylgründe, vor allem Verfolgung aus religiösen Gründen – genau die Situation, für die dieses Recht geschaffen wurde. Bekannt ist der Fall der Katholikin Asia Bibi, aber auch andere Minderheiten werden verfolgt, wie beispielsweise die Ahmadiyya.
Gambia: 4329 Entscheidungen
Guinea: 3893 Entscheidungen
Armenien: 3274 Entscheidungen
Aserbaidschan: 3238 Entscheidungen
Staatenlos: 1508 Entscheidungen
Das gehört eigentlich nicht hierhin – zwischen Aserbaidschan und „Staatenlos“ kämen noch Albanien, Serbien, Mazedonien, Moldau, Algerien, Äthiopien, Sudan, Marokko, Ukraine und Kamerun.
Aber Staatenlose sind in einer besonderen Lage. Schon die Tatsache, dass keine Staatsangehörigkeit haben, verstößt gegen ihre Rechte laut Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte von 1948. Verlässliche Zahlen gibt es nicht – naturgemäß; Das UNHCR schätzt, dass über 10 Millionen betroffen sind. In den Unterkünften bin ich vor allem Palästinenserinnen begegnet – die werden von UNHCR allerdings nicht mitgezählt. Das European Network on Statelessness schätzt ihre Anzahl auf 3,5 Millionen. Sie tauchen teilweise auch unter „Ungeklärt“ weiter oben auf.
Die Fluchtsituation der Palästinenser/innen gehört zu den längsten der Welt, sie besteht seit mehr als 70 Jahren.