Gerichtsentscheidungen im Asylbereich

Ein Flüchtling erreicht Deutschland und reicht ein Asylgesuch ein. Darüber entscheidet das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (BAMF). Gegen diesen Entscheid gibt es folgende Rechtsmittel – das wird hier vom BAMF beschrieben, zusammengefasst ist der Ablauf folgendermaßen:

Erste Instanz: Klage am Verwaltungsgericht. Die Frist hierfür ist knapp, und man sollte eine/n Anwält/in finden, was schwierig und teuer ist. Sonst gibt es keine HürdenZweite Instanz: Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht. Das wird nur zugelassen, wenn schwere Verfahrensfehler nachgewiesen werden können.Dritte Instanz: Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das wird richtig schwierig, und es gibt nur eine Handvoll pro Jahr. Danach gibt es theoretisch noch den Europäischen Gerichtshof, das Bundesverfassungsgericht und Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Diese Gerichtsentscheidungen sind hochinteressant. Sie helfen, Fragen wie diese zu beantworten:

  • Bestätigen die Gerichte im Grossen und Ganzen das BAMF?
  • Was passiert, wenn sich die Praxis des BAMF ändert, beispielsweise syrische Familien nur subsidiären Schutz erhalten? Die Familien klagen, die Gerichte entscheiden. Falls eine deutliche Tendenz zu vollem Flüchtlingsschutz besteht, hat es dann eine Wirkung auf die Entscheidungen des BAMF?
  • 2018 gab es die Bremer BAMF-Affäre. Der Vorwurf war, dass zu Unrecht Asyl zuerkannt wurde. In der darauf folgenden Innenrevision wurden von „18.315 positiven Bescheiden letztlich 165 Fälle und somit 0,9 % bemängelt“. Wie vergleicht sich das zu den Fällen, in denen laut Gericht zu Unrecht Asyl verweigert wurde?

Eine Datenanalyse macht nur Sinn für Klagen und Berufungen, Revisionen sind zu selten und zu speziell. Die Zahlen werden regelmäßig in Kleinen Anfragen erfragt als „Ergänzende Information zur Asylstatistik für das n-te Quartal des Jahres YYYY“ und sind unter https://kleineanfragen.de einsehbar.

Das Antwortschreiben ist wieder ein PDF. Das kennen wir, dann machen wir daraus CSV. Aber dieser Fall ist kompliziert.

  • Vor 2017 wurden Klagen, Revisionen und Berufungen in einer Tabelle zusammengefasst, seit 2017 gibt es 3 Tabellen.
  • Die Tabelle versteckt sich irgendwo in einem langen PDF-Dokument, und ist rekordverdächtig inkonsistent.

Dieser Post wurde im Oktober 2019 aktualisiert. Die neuesten Zahlen zu diesem Zeitpunkt vom Jahr 2018, und dem ersten Quartal 2019. Hier ein paar Visualisierungen. Die Entscheidungen pro Land in absoluten Zahlen, mit sonstigen Erledigungen:

https://datawrapper.dwcdn.net/5hZmk/1/

Die meisten Klagen gab es gegen Asylentscheidungen des BAMF zu Afghanistan und Syrien. Recht viele Klagen erledigten sich anderweitig, ohne inhaltliche Entscheidung.

Prozentual und ohne sonstige Erledigungen sieht es wie unten aus . Die Länder mit weniger als 1000 inhaltlichen Entscheidungen nehme ich heraus, weil die Darstellung für sie nicht hilfreich ist – Statistik mit kleinen Zahlen führt schnell in die Irre.

Man sieht nicht, wogegen geklagt wurde. Es ist anzunehmen, dass beispielsweise afghanische Antragsstellerinnen oft gegen eine Ablehnung geklagt haben, syrische hingegen gegen einen ungünstigen Aufenthaltsstatus, wie beispielsweise subsidiären Schutz, um vollen Flüchtlingsstatus zu erhalten. Wir sehen, dass in 35% der Fälle Syrern Flüchtlingsschutz zugesprochen wurde und in 39% Menschen aus dem Iran, in 43% der Fälle afghanische Staatsangehörige Abschiebeschutz bekamen. Zusammen mit subsidiärem Schutz und Flüchtlingsschutz erreicht damit Afghanistan eine Schutzquote von fast 60%. Das sind nicht zu vernachlässigende Korrekturen von BAMF-Entscheidungen im Sinne der Antragsstellenden.

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Für das Jahr 2017 haben wir dieselbe Zahlenstruktur und können deshalb diese Darstellungen ebenfalls erstellen.

Und wieder die prozentuale Sicht:

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist 4KrS9-gerichtsentscheidungen-im-asylbereich-zu-klagen-2017-prozentual1.png.

Auch im Jahr 2017 hatten Klagende aus Syrien, Afghanistan und dem Iran gute Chancen. „Ungeklärt“ sind laut BAMF hauptsächlich „kurdische bzw. palästinensische Volkszugehörige, die aus Syrien stammen„. Das findet sich wieder in den zu Syrien sehr ähnlichen Quoten.

Quellen: Suche nach „Ergänzende Informationen zur Asylstatistik“ auf https://kleineanfragen.de , oder https://github.com/muc-fluechtlingsrat/gerichtsentscheide/tree/master/PDF

2017: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/013/1901371.pdf
2018: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/087/1908701.pdf

Von uns generiertes CSV: https://github.com/muc-fluechtlingsrat/gerichtsentscheide/tree/master/Gerichtsentscheidungen

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